Idee
»Plastische Demokratie. Die Formen des Wir« entfaltete sich von Juni bis September 2021 online und im öffentlichen Raum in Düsseldorf. Die vielgestaltige Versuchsanordnung nahm den 100. Geburtstag von Joseph Beuys als Anlass, seine Impulse zur radikalen Mitgestaltung der Demokratie nach den Prinzipien der Skulptur zu beleuchten und diese im Hinblick auf heutige Herausforderungen zu prüfen. Verhandelt wurden dabei die zentralen Themen unserer Zeit: das politische System, Klima, Kapital, Digitalisierung, Bildung und Zusammenleben. Hinter dem kollektiv erarbeiteten Projekt stehen die Kunstakademie Düsseldorf, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, raumlaborberlin und das Projektteam »beuys 2021«. Gemeinsam luden sie Architekt*innen, Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Studierende und Besucher*innen ein, mit ihnen die Ideen von Beuys zu erforschen und zu diskutieren, zu kontextualisieren und zu aktualisieren. Den Nukleus des Vorhabens bildete eine experimentelle, von raumlaborberlin entwickelte Architektur auf dem Gustaf-Gründgens-Platz: vor dem Düsseldorfer Schauspielhaus im Zentrum der Stadt. Hier – in dieser zugleich als Bühne, Bild und Bau dienenden Struktur – wurden wegweisende radikaldemokratische Modelle erforscht und verglichen. Utopien, Ideen, Pläne für eine demokratischere Demokratie wurden diskutiert und verhandelt. Und es wurde zusammengelebt. Ob Kochen, Essen, Arbeiten oder Abhängen, Sprechen, Performen oder Wohnen: Teilen und Teilhaben waren integrale Bestandteile des gemeinsamen Denkprozesses.
Auftakt, 08. – 15. Jun
Auftakt
Roundtable
Vorträge
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Gustaf-Gründgens-Platz + online
Modelle, 09. Jul – 29. Sep
Modelle
Archiv
Plakataktion
Aufruf
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Stadtraum
Parlamente, 27. – 28. Aug
Parlamente
Debattenreihe
Aktionen
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Schauspielhaus Düsseldorf
Live-in Lab, 22. – 29. Sep
Live-in Lab
Workshops
Performances
Leben
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Gustaf-Gründgens-Platz
Themen
»Plastische Demokratie« konzentrierte sich auf sechs zentralen Themen unserer Zeit. Es sind Themen, die Joseph Beuys bereits im Rahmen der Sozialen Plastik in den Blick genommen hat: Politisches System, Klima, Kapital, Digitalisierung, Bildung und Zusammenleben. Die Veranstaltungen, die dem Labor zugrunde liegen, kreisten all um diese Felder und die Herausforderungen, die damit einhergehen. Die Impulse, die von Beuys ausgehen, wurden aufgegriffen, geprüft, erweitert und aktualisiert.
Politisches System
Welche Demokratie, welche politischen Strategien bräuchten wir, um effektiv gegen Armut und Autoritarismus, Umweltzerstörung und Klimawandel vorzugehen? Weltweit verbreitet sich die Überzeugung, dass die besten Chancen in einer radikalen Teilhabe an politischen Diskussionen, Handlungen und Entscheidungen liegen. So wird aktiv nach alternativen Formen der Vergemeinschaftung und der Verhandlung gesucht. Solche Formen erprobte Joseph Beuys in kollektiven künstlerischen Arbeits-, Deliberations- und Reflexionsprozessen, die er »Soziale Plastik« nannte. Die Aktualität, Brauchbarkeit oder gar Gefährlichkeit seiner Vorstellungen wurden hier erkundet.
Klima
Die aus der Nachhaltigkeitskrise resultierende Klimaverschiebung bestimmt das gegenwärtige Handeln. Sollten die Klimaziele von Paris nicht eingehalten werden, sind nicht nur Lebensräume gefährdet, sondern extreme Veränderungen der Lebensbedingungen zu erwarten, die auf alle Bereiche des Lebens einwirken. Die Frage ist, wie unter dem Druck sofortigen Handelns Demokratien funktionieren können. Wie sie das Zeitproblem lösen und sich gegenüber Verweigerungshaltungen von nichtdemokratischen Staaten verhalten. Der Künstler Joseph Beuys ist seit 1970 öffentlich gegen die Umweltzerstörung eingetreten und hat sich als Aktivist der Grünen dafür eingesetzt, dass die ökologische Frage im Parlament gestellt wird. Mit seiner plastischen Demokratie hat Beuys ein Instrument vorgeschlagen, das ideologisch gesetzten Erstarrungen und Grenzen entgegenwirkt.
Kapital
Seit dem 19. Jahrhundert ist der Kapitalismus auf dem Siegeszug und heute als Wirtschaftsform globalisiert. Seine innovativen Kräfte schufen im 20. Jahrhundert eine Produktionsdichte, die insbesondere die westlichen Industriegesellschaften in einen bis dahin nicht gekannten Wohlstand versetzten. Der Preis ist das Fortbestehen der Ungleichheit, Neokolonialisierung, Raubbau an der Natur und Zerstörung der Umwelt, die in eine existenzielle Krise des Planeten Erde führte. Beuys hat vorgeschlagen, das Kapital, das Geld aus seinem ökonomischen Zusammenhang herauszulösen und allein die geistigen Fähigkeiten des Menschen als Kapital zu verstehen und Geld als Rechtsdokument für geleistete Arbeit einzuführen, um die Profitsteigerung und die Anhäufung von maßlosem individuellen Reichtum zu beenden.
Digitalisierung
Dass Digitalisierung die Demokratie verändert, gehört inzwischen zu unserem Alltagswissen. Ebenfalls bekannt ist die Ambivalenz, mit der diese Veränderung wahrgenommen wird. Die Vernetzung, die solidarische Handlungen auf globaler Ebene ermöglicht, befördert gleichermaßen Massenüberwachung und politisch-ökonomische Manipulation, Fragmentierung und Polarisierung. Was Joseph Beuys im Umgang mit den seinerzeit neuen Möglichkeiten des Satellitenfernsehens einforderte war eine aktive Gestaltung von Technik wie Inhalt. In heutigen Diskussionen ist ein starkes Echo dieses Bestrebens zu verzeichnen. Wie könnte eine solche Gestaltung aussehen?
Bildung
Wir begreifen Bildung und gemeinsames Lernen als ein System, das einer grundlegenden Neuerfindung bedarf. Statt bewährte Methoden brauchen wir ein Imaginationstraining und Strategien, wie wir uns in unbekannten Territorien des Wissens bewegen. Ergebnisoffene und zielgerichtete Lernprozesse zu lenken, müssen wir erst erlernen. Wir suchen Wissen im Lokalen und im Alltäglichen, wir suchen neue Verknüpfungen zwischen Wissensfeldern.
Zusammenleben
Der Raum, die Wohnung, das Haus, die Straße, das Viertel, die Stadt sind maßstäblich zunehmende, räumliche Begriffe für Sphären des Zusammenlebens. Wir suchen nach neuen Protokollen um diese Sphären anders aufzuladen, neu zu sehen und neue, verbundene Handlungsweisen zu erfinden. Arbeiten, Wohnen, Freizeit und Urlaub sind die entsprechenden Handlungskategorien, die schon längst in Auflösung begriffen sind. Wir suchen nach Zusammenhalt und Gemeinsamkeit in Differenz. Zusammenleben heißt Zusammensein, -arbeiten, -denken, -essen und sogar -wohnen vor Ort. Wir priorisieren dabei keine der Aktivitäten, sondern machen uns auf die Suche nach interessanten Formen der Hybridisierung.
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