Von: 22. Sep, 2021 12:00
Bis: 29. Sep, 2021
Gustaf-Gründgens-Platz
The Archive as Living Practice: The Post-Archive Cooperative – Memory Keepers

# zusammenleben

Workshop

Der von Arnold Dreyblatt geleitete künstlerische Forschungsworkshop bezog sich auf zwei visionäre utopische Bildungsprojekte des 20. Jahrhunderts: das legendäre Black Mountain College und Beuys' nicht realisierte Freie Internationale Universität.

TEXT VON ARNOLD DREYBLATT

 

I. DER ANFANG

Der künstlerische Forschungsworkshop bezog sich auf zwei visionäre utopische Bildungsprojekte des 20. Jahrhunderts: das legendäre Black Mountain College (1933–1957, North Carolina, USA) und die nicht realisierte Freie Internationale Universität, die Joseph Beuys mit Kollegen in Düsseldorf (1973–1978) vorschlug. Diese beiden historischen Projekte – ein realisiertes und ein geplantes – dienten als Referenz für interne und öffentliche Diskussionen, Installationen und Performances. Wir untersuchten und reflektierten das Erbe dieser beiden gegensätzlichen Projekte in einer aktiven Begegnung zwischen Künstler, Publikum und Archiv. Als Referenzmaterial diente umfangreiches Archivmaterial zum Black Mountain College sowie die unveröffentlichten Protokolle der Treffen der Free International University.

 

II. PROTOCOLS OF THE FUTURE: THE F.I.U.-FILES – PLAKAT-AKTION

Die Plakatkampagne »Protocols of the future« des Medienkünstlers Arnold Dreyblatt bildete den Auftakt zu »The Archive as Artistic Practice«. 600 Einzelplakate, von denen 320 ab dem 12. Juli im Düsseldorfer Stadtbild zu sehen waren, nahmen Bezug auf die Free International University (F.I.U.) von Joseph Beuys. Die Unikatplakate enthielten Zitate aus den Protokollen der FIU (1973–1978) und dem »Manifest zur Gründung einer Freien Internationalen Universität für Kreativität und interdisziplinäre Forschung«. Die Plakate wurden ursprünglich in einem anderen Format im Rahmen seines Projekts »Protocols of the future« im Kunstmuseum Bern 2018 installiert.

Design: Dirk Lebahn, Koordination: Team »beuys 2021«.

 

III. »THE ARCHIVE AS ARTISTIC PRACTICE« – WORKSHOP UND PRÄSENTATION

Der Workshop begann mit einer Präsentation verfügbarer Archivmaterialien und früherer beispielhafter Projekte. Wir begannen eine Diskussion über Archivforschung in der Kunst und die Möglichkeiten einer aktiven öffentlichen Interaktion mit Archivtexten.

Die Gruppe wählte den erhöhten technischen Außenbereich hinter der Tribüne als zentralen Ort der Aktivitäten und als Ort für die Lagerung von Archivgut. Dieser Bereich war für alle Teilnehmer des Live-In Labs sowohl sichtbar als auch leicht zugänglich. Tragbare Audio-Verstärkersysteme und ein analoges Vokalhorn wurden für den öffentlichen Diskurs zur Verfügung gestellt und auch von anderen Workshop-Gruppen genutzt.

Die Teilnehmer*nnen richteten eine Archivinstallation ein und begannen mit weiteren Diskussionen über Einzel- und Gruppenprojekte. Die Gruppe definierte sich neu als »Post Archive Cooperative« mit dem Ziel, die Aktivitäten des LIve-In Labs zu »archivieren« und dabei alle anderen Workshop-Gruppen einzubeziehen. Die Mitglieder von STEALTH.unlimited entwarfen für uns ein Schild mit dem Text »Memory Keepers«, das neben unserem »Post Archive Cooperative«-Schild im vorderen Teil unseres Workshopraums hing. Wir begannen, Strategien für den Dialog mit den verschiedenen Gruppen zu entwickeln und sammelten Artefakte, Papier- und Medienmaterialien, um den laufenden Prozess des Live-In Lab zu dokumentieren. Bei den täglichen morgendlichen Gruppentreffen gaben wir unsere Absichten bekannt.

Die Mitglieder des »Kollektivs« Maik Ollhoff und Franziska Kocks schufen eine »Mobile Interview Station« auf Rädern, um sowohl Teilnehmer als auch die Öffentlichkeit zu interviewen und gleichzeitig in den öffentlichen Raum zu »senden«. Die Gruppe realisierte ein einfaches Briefkastentransportsystem, bei dem ein Container unten im aktiven öffentlichen Raum mit Spenden gefüllt und dann an Schnüren hochgezogen wird, um in unser Archiv aufgenommen zu werden. Eine Pinnwandinstallation wurde ebenfalls mit einer Box für materielle Archivspenden ausgestattet und an verschiedenen Orten als Einladung an andere Workshops zur Teilnahme von Arielle Lawson angebracht. Josselyn Moreira kreierte im STEALTH.unlimited-Gruppenraum (Parkhaus) eine Performance mit dem Titel »Silent Dinner«, die auf einem Zitat von John Andrew Rice, dem Gründer des Black Mountain College, basiert: »Es gibt Momente, die nach Poesie oder völliger Stille verlangen.«

Am letzten Tag öffneten wir unsere Archivinhalte für die Öffentlichkeit in Form einer Archivinstallation, die unsere Aktivitäten während der einwöchigen Residenz zusammenfasste. Dazu gehörten die aus Berlin mitgebrachten Boxen des Black Mountain Archivs sowie eine Installation aus Textmaterial, Fotos und gefilmten Aktivitäten.

Teilnehmende des Workshops: Maik Ollhoff, Arielle Lawson, Franziska Kocks, Josselyn Moreira, Francesca Turi, Roxane Schultz

 

IV. »PROTOCOLS OF THE FUTURE« – PERFORMANCE

Während des Workshops inszenierte Dreyblatt eine öffentliche Re-Inszenierung der historischen FIU-Treffen: 1973–1978 auf dem Gustaf-Gründgens-Platz am 28. September 2021. Die Aufführung basierte auf den Gründungsprotokollen der von Joseph Beuys, Klaus Staeck und Heinrich Böll initiierten »Freien Internationalen Universität für Kreativität und interdisziplinäre Forschung«. Der Geist der F.I.U. wurde von verschiedenen Personen und Gruppen aufgegriffen und weitergeführt. Als Alternative zu den bestehenden Kunstakademien wurde sie jedoch nie vollständig umgesetzt. Die ursprüngliche Aufführung fand im Kunstmuseum Bern in der Ausstellung »Republique Géniale« statt.

Lesende / Performer*innen: Arnold Dreyblatt, Thomas Fechner-Smarzly, Martin Kaltwasser, Ludger Schwarte, Jutta Pöstges, Pia Witzmann, Jan Rohwedder, Andrea Hofmann

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Tomma Suki Hinrichsen und Dominik Dober, Memory Keepers-Schild, Foto: Arnold Dreyblatt

Maik Ollhoff und Franziska Kocks schufen eine »Mobile Interview Station«, Foto: Arnold Dreyblatt

Die Workshopteilnehmerinnen im Active Space, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

»Interactive Wall« des »Mobile Archive« zur Nutzung durch alle Teilnehmer*innen, Foto: Arnold Dreyblatt

Performance »Protocols of the Future« mit Arnold Dreyblatt, Thomas Fechner-Smarzly, Pia Witzmann,  Martin Kaltwasser, Jan Rohwedder, Jutta Pöstges, Andrea Hofmann, Ludger Schwarte (v.l.n.r.)

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Closeup der Archivinstallation, »Post Archive Cooperative«, Foto: Arnold Dreyblatt

Post-Its mit key questions für die Workshops

Postkarten dokumentieren die Anliegen der verschiedenen Workshop-Gruppen.

In der Mailbox wurden Archivalien aller Art gesammelt.

To Do-Notizen – es gab viel zu tun.

Postkarte aus dem Archiv

Planungsskizzen zu Logo und »Mobile Interview Station«

Ankündigung des »Silent Dinner« von Josselyn Moreira

Teilnehmer*innen:
distance-l8 - 1920
distance-l7 - 1602
distance-l6 - 1568
distance-l5 - 1440
distance-l4 - 1325
distance-l3 - 1164
distance-l2 - 1080
distance-l1 - 1024
distance-s1 - 799
distance-s2 - 720
distance-s3 - 640
distance-s4 - 414
distance-s5 - 320